Sitzung: 09.12.2020 Gemeinderat Reckendorf
Der Vorsitzende verlas
folgenden Bericht von Herrn Zschörner über die erhöhten Kosten der
Abwasserbehandlung auf der Kläranlage Reckendorf.
„Sehr
geehrte Damen und Herren,
im
folgenden Bericht versuche ich ihnen die erhöhten Kosten der Abwasser-behandlung
auf der Kläranlage Reckendorf genauer zu erörtern.
Hierfür
betrachten wir die bereits getätigten Reparaturen, Neuanschaffungen und die
laufenden Kosten für Wartung und Instandhaltung.
Wie
Sie bereits wissen, wurde die Kläranlage zehn Jahre von einer Betreiberfirma
betreut und mehr oder weniger nur auf Verschleiß gefahren. Dies wird deutlich,
wenn wir uns den Umfang der notwendig gewordenen Reparaturen anschauen.
Belüfterkerzen
Die
Belüfterkerzen im Belebungsbecken haben die Aufgabe, Sauerstoff in das
Belebungsbecken einzutragen, wodurch - einfach erklärt - Kohlenstoff – und
Stickstoffverbindungen abgebaut werden. Die besagten Belüfterkerzen müssen für
einen einwandfreien Betrieb laut Herstellerangabe alle 5 bis 8 Jahre gewechselt
werden, je nach Belastungsgrad und Zusammensetzung des zu reinigenden
Abwassers. Werden die Belüfterkerzen nicht in den vorgegebenen Zeiträumen
gewechselt, kommt es zu einem geringeren Sauerstoffeintrag und dadurch zu einer
verschlechterten Reinigungsleistung. Was wiederum zu einem erhöhten
Energiebedarf führt. Der erste und einzige Wechsel, nach fast 13-jährigem
Bestehen der Anlage fand im Sommer 2019 statt.
Um
die Kerzen zu wechseln, müssen diese von Tauchern gereinigt und danach mit
einem Kran aus dem Belebungsbecken gehoben werden. Wenn die Kerzen vor dem
Hebevorgang nicht von Unrat befreit werden, zerstört man den Strang an dem die
Kerzen befestigt sind. Danach werden die Kerzen getauscht, dem Belebungsbecken
wieder zugeführt und angeschlossen.
Wenn
die Zeiträume für den Wechsel eingehalten werden sind die Kosten überschaubar
und die Arbeiten in etwa zwei Tagen abgeschlossen. Allerdings war das in
unserem Fall nicht so. Die Taucher benötigten alleine für die Reinigung der
Kerzen dreieinhalb Tage, da das Belebungsbecken enorm verschmutzt war. Der hohe
Verschmutzungsgrad lag an dem vom früheren Dienstleister über Jahre fehlerhaft
betriebenen Rechen (dazu später mehr) und dem viel zu langem Wartungsintervall.
Die Entsorgungskosten für den im Belebungsbecken angefallenen Unrat erhöhten
sich in Folge stark. Letztendlich betrug die Dauer für den Wechsel etwa 6 Tage
und die geplanten Kosten verdreifachten sich fast.
Die
Resultate der durchgeführten Arbeiten waren sehr positiv. Die Belüftungszeiten
haben sich seither halbiert, wodurch weniger Strom benötigt wird (geringere
Energiekosten) und die Gebläse weniger beansprucht werden (längere
Regenerationsphasen der Aggregate). Auch kam uns die verbesserte
Reinigungsleistung sehr entgegen, da die Kläranlage mit sehr hohen
Belastungsspitzen durch die Zuführung von einseitig belastetem Brauereiabwasser
stark beansprucht wurde.
Kompaktrechenanlage
Im
Rechen wird das Abwasser mechanisch von Grobstoffen, Sand und Fett befreit,
danach gelangt es in das Belebungsbecken.
Wenn
der Rechen aber über Jahre fehlerhaft betrieben wird, gelangen viele der
Grobstoffe ins Belebungsbecken und lagern sich auf den Belüfterkerzen ab. Die
oben beschriebenen Folgen sind bekannt.
Um
einen einwandfreien Betrieb zu gewährleisten wurde eine Ultraschallpegelmessung
zur Steuerung des Rechens eingebaut und in das Prozessleitsystem eingebunden.
Die vorhandene Pegelmessung war defekt und wurde vom damaligen Betreiber durch
eine einfache Zeitsteuerung ersetzt; Diese Form der Steuerung ist leider ungünstig
gewählt, da bei erhöhter Schmutzfracht das Abwasser über den Notüberlauf fließt
und somit die Grobstoffe ins Belebungsbecken gelangen. Ebenso wurde inzwischen
der alte noch vorhandene Rechen mit einem geringeren Spaltmaß (4 mm) wieder
eingebaut; mir erschließt sich auch nicht, warum damals ein anderer Rechen (6
mm) verbaut wurde.
Ebenfalls
wurden Austragsschnecken, Verschleißteile und beschädigte Getriebe gewechselt.
Der Rechen arbeitet jetzt sehr gut und es sind so gut wie keine Grobstoffe mehr
im Belebungsbecken zu erkennen, was sich auf den nächsten Belüfterkerzenwechsel
und die Reinigungsleistung positiv auswirkt.
Prozessleitsystem,
Elektronik und Steuerungstechnik
Als
die Kläranlage wieder in eigener Regie übernommen wurde, musste das gesamte
Prozessleitsystem erneuert und eingearbeitet werden. Das alte
Prozessleitsystem war defekt und vorhandene Daten waren nicht mehr abrufbar,
alte Festplatten waren wie auf wundersame Weise verschwunden. Es musste also
alles von Grund auf neu programmiert werden. Einige Bauteile in den
Schaltschränken waren veraltet und führten dadurch ständig zu Störungen der
einzelnen Prozessabläufe z.B.: Ausfall der Gebläse, Pumpen liefen nicht an,
Motorschutzschalter lösten aus, Sauerstoffsonde defekt durch fehlende Wartung,
PH – Sonden defekt, usw.
Auch
fast alle Ultraschallsonden für Pegelmessungen im Schlammstapelbehälter und dem
gesamten Pumpwerk mussten ausgetauscht werden; diese übermittelten fehlerhafte
oder gar keine Werte, wodurch es wieder zu Störungen kam. Die Probenehmer im
Zu– und Ablauf waren bei Übernahme der Anlage defekt und mussten neu
angeschafft werden.
Bei
der Übernahme der Kläranlage ist auch aufgefallen, dass der Probenehmer im
Zulauf völlig defekt war. Es stellt sich die Frage wie überhaupt auskräftige
Untersuchungen der Parameter im Zulauf ermittelt werden konnten.
Auch
der Probenehmer am Ablauf musste wegen Altersschwäche nach mangelnder
Wartung vor zwei Jahren ausgetauscht werden. Um solchen Zuständen entgegen zu
wirken, wurden zwischenzeitlich sachkundige Firmen mit Wartungsverträgen
beauftragt. Die Firmen führen die jährlich vorgeschriebenen
Prüfungen
der Elektrotechnik, Pumpen und Rechenanlage durch. Auf vielen anderen Anlagen
in der Nähe werden die in Bezug auf Arbeitsschutz notwendigen Prüfungen gar
nicht oder nur teilweise durchgeführt. Die Rechenanlage soll ab nächstem Jahr
selber gewartet werden.
Labortechnische
Ausstattung
Dank
der Beharrlichkeit meines Vorgängers Matthias Anlauf beschaffte die Gemeinde
erstmalig die komplette labortechnische Ausrüstung zur Durchführung der
Eigenüberwachungsvorschriften.
Man
muss auch sagen, dass der Aufwand für Untersuchungen im Labor höher ist als auf
anderen Anlagen. Dies ist der hohen Belastung und ständig wechselnden
Zusammensetzung des Abwassers durch spezielle Reckendorfer Großeinleiter
geschuldet.
In
Bezug auf die Brauerei wurde bisher relativ viel Zeit benötigt, um Ursachen zu
erkennen und zu beseitigen. Dies beinhaltet überdurchschnittliche Beprobung der
Parameter auf der Kläranlage sowie der von der Brauerei. Es ist uns durch gute
Zusammenarbeit mit der Brauerei gelungen, große Vorschritte zu erzielen und
zukünftig weniger Zeit für Analysen und Problembeseitigung bereitstellen zu
müssen. Es wurde auch neue Messtechnik bei der Brauerei verbaut um genauer die
Kosten für das hochbelastete Abwasser zu ermitteln.
Arbeiten
am Pumpwerk
Auch
die Pumpen im Hebewerk auf dem Gelände der alten Kläranlage wurden vor zwei
Jahren erneuert. Bei den alten Pumpen waren die Verschleißgrenzen des Pumpengehäuse
und Laufrades erreicht. Das machte sich durch austretendes Abwasser und einen
hohen Wartungsaufwand durch Verzopfungen und Verstopfungen bemerkbar. Die
Verzopfungen am Laufrad mussten zwei bis vier Mal in der Woche beseitigt
werden, um einen einigermaßen guten Wirkungsgrad der Pumpen zu gewährleisten.
Die neu verbauten Pumpen haben einen sehr hohen Wirkungsgrad und müssen nur
noch einmal im Jahr gewartet werden. Es liegen keine Verzopfungen mehr vor und
der Wartungsaufwand geht gegen Null. Leider mussten auch in den Schaltschränken
des Pumpwerkes viele Bauteile ersetzt werden, ebenso wurde die Regeltechnik neu
programmiert, da es zu vielen Störungen kam. Dasselbe gilt für die
Schaltschränke und Regeltechnik der Hochwasserpumpen.
Zum
Abschluss bleibt zu sagen, dass die Abwasserbehandlung in der Gemeinde
Reckendorf in Bezug auf die Ausbaugröße komplexer und zeitaufwendiger ist als
auf vergleichbaren Kläranlagen. Durch einen zu geringen Wartungsaufwand und
fehlerhaften Betrieb der damaligen Betreiber musste ebenfalls viel Zeit und
Geld investiert werden, um den einwandfreien technischen Zustand der Anlagen
wiederherzustellen. Der Großteil der in den vergangenen Jahren notwendigen
Investitionen ist auf mangelnde Wartung und Pflege der Anlage in ihren ersten
Jahren zurückzuführen. Ebenso entstand dadurch übermäßig hoher
Energieverbrauch. Wichtig ist auch zu erwähnen, dass sich durch einen
störungsfreien Betrieb der Anlage die Überstunden des Personals in Rahmen
halten. Das Personal auf anderen Kläranlagen hat mehrere Hundert Überstunden
angesammelt. Der Personalbedarf ist dort also nicht gedeckt, laut dem Merkblatt
M 271 der DWA (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall
e.V.) ist für die Ausbaugröße der Kläranlage Reckendorf eine Person in Vollzeit
zu beschäftigen.
Die
im Bericht erklärten Reparaturen und Neuanschaffungen sind eine Aufzählung der
größten und zeitintensivsten Arbeiten. Für eine detailliertere Erklärung bitte
ich Sie, persönlich mit mir in Kontakt aufzunehmen.
Benjamin
Zschörner
Fachkraft für
Abwassertechnik“