Der Vorsitzende verlas folgenden Bericht von Herrn Zschörner über die erhöhten Kosten der Abwasserbehandlung auf der Kläranlage Reckendorf.

 

„Sehr geehrte Damen und Herren,

im folgenden Bericht versuche ich ihnen die erhöhten Kosten der Abwasser-behandlung auf der Kläranlage Reckendorf genauer zu erörtern.

 

Hierfür betrachten wir die bereits getätigten Reparaturen, Neuanschaffungen und die laufenden Kosten für Wartung und Instandhaltung.

 

Wie Sie bereits wissen, wurde die Kläranlage zehn Jahre von einer Betreiberfirma betreut und mehr oder weniger nur auf Verschleiß gefahren. Dies wird deutlich, wenn wir uns den Umfang der notwendig gewordenen Reparaturen anschauen.

 

Belüfterkerzen

 

Die Belüfterkerzen im Belebungsbecken haben die Aufgabe, Sauerstoff in das Belebungsbecken einzutragen, wodurch - einfach erklärt - Kohlenstoff – und Stickstoffverbindungen abgebaut werden. Die besagten Belüfterkerzen müssen für einen einwandfreien Betrieb laut Herstellerangabe alle 5 bis 8 Jahre gewechselt werden, je nach Belastungsgrad und Zusammensetzung des zu reinigenden Abwassers. Werden die Belüfterkerzen nicht in den vorgegebenen Zeiträumen gewechselt, kommt es zu einem geringeren Sauerstoffeintrag und dadurch zu einer verschlechterten Reinigungsleistung. Was wiederum zu einem erhöhten Energiebedarf führt. Der erste und einzige Wechsel, nach fast 13-jährigem Bestehen der Anlage fand im Sommer 2019 statt.

 

Um die Kerzen zu wechseln, müssen diese von Tauchern gereinigt und danach mit einem Kran aus dem Belebungsbecken gehoben werden. Wenn die Kerzen vor dem Hebevorgang nicht von Unrat befreit werden, zerstört man den Strang an dem die Kerzen befestigt sind. Danach werden die Kerzen getauscht, dem Belebungsbecken wieder zugeführt und angeschlossen.

 

Wenn die Zeiträume für den Wechsel eingehalten werden sind die Kosten überschaubar und die Arbeiten in etwa zwei Tagen abgeschlossen. Allerdings war das in unserem Fall nicht so. Die Taucher benötigten alleine für die Reinigung der Kerzen dreieinhalb Tage, da das Belebungsbecken enorm verschmutzt war. Der hohe Verschmutzungsgrad lag an dem vom früheren Dienstleister über Jahre fehlerhaft betriebenen Rechen (dazu später mehr) und dem viel zu langem Wartungsintervall. Die Entsorgungskosten für den im Belebungsbecken angefallenen Unrat erhöhten sich in Folge stark. Letztendlich betrug die Dauer für den Wechsel etwa 6 Tage und die geplanten Kosten verdreifachten sich fast.

 

Die Resultate der durchgeführten Arbeiten waren sehr positiv. Die Belüftungszeiten haben sich seither halbiert, wodurch weniger Strom benötigt wird (geringere Energiekosten) und die Gebläse weniger beansprucht werden (längere Regenerationsphasen der Aggregate). Auch kam uns die verbesserte Reinigungsleistung sehr entgegen, da die Kläranlage mit sehr hohen Belastungsspitzen durch die Zuführung von einseitig belastetem Brauereiabwasser stark beansprucht wurde.

 

Kompaktrechenanlage

 

Im Rechen wird das Abwasser mechanisch von Grobstoffen, Sand und Fett befreit, danach gelangt es in das Belebungsbecken.

 

Wenn der Rechen aber über Jahre fehlerhaft betrieben wird, gelangen viele der Grobstoffe ins Belebungsbecken und lagern sich auf den Belüfterkerzen ab. Die oben beschriebenen Folgen sind bekannt.

 

Um einen einwandfreien Betrieb zu gewährleisten wurde eine Ultraschallpegelmessung zur Steuerung des Rechens eingebaut und in das Prozessleitsystem eingebunden. Die vorhandene Pegelmessung war defekt und wurde vom damaligen Betreiber durch eine einfache Zeitsteuerung ersetzt; Diese Form der Steuerung ist leider ungünstig gewählt, da bei erhöhter Schmutzfracht das Abwasser über den Notüberlauf fließt und somit die Grobstoffe ins Belebungsbecken gelangen. Ebenso wurde inzwischen der alte noch vorhandene Rechen mit einem geringeren Spaltmaß (4 mm) wieder eingebaut; mir erschließt sich auch nicht, warum damals ein anderer Rechen (6 mm) verbaut wurde.

 

Ebenfalls wurden Austragsschnecken, Verschleißteile und beschädigte Getriebe gewechselt. Der Rechen arbeitet jetzt sehr gut und es sind so gut wie keine Grobstoffe mehr im Belebungsbecken zu erkennen, was sich auf den nächsten Belüfterkerzenwechsel und die Reinigungsleistung positiv auswirkt.

 

Prozessleitsystem, Elektronik und Steuerungstechnik

 

Als die Kläranlage wieder in eigener Regie übernommen wurde, musste das gesamte Prozessleitsystem erneuert und eingearbeitet werden. Das alte Prozessleitsystem war defekt und vorhandene Daten waren nicht mehr abrufbar, alte Festplatten waren wie auf wundersame Weise verschwunden. Es musste also alles von Grund auf neu programmiert werden. Einige Bauteile in den Schaltschränken waren veraltet und führten dadurch ständig zu Störungen der einzelnen Prozessabläufe z.B.: Ausfall der Gebläse, Pumpen liefen nicht an, Motorschutzschalter lösten aus, Sauerstoffsonde defekt durch fehlende Wartung, PH – Sonden defekt, usw.

 

Auch fast alle Ultraschallsonden für Pegelmessungen im Schlammstapelbehälter und dem gesamten Pumpwerk mussten ausgetauscht werden; diese übermittelten fehlerhafte oder gar keine Werte, wodurch es wieder zu Störungen kam. Die Probenehmer im Zu– und Ablauf waren bei Übernahme der Anlage defekt und mussten neu angeschafft werden.

 

Bei der Übernahme der Kläranlage ist auch aufgefallen, dass der Probenehmer im Zulauf völlig defekt war. Es stellt sich die Frage wie überhaupt auskräftige Untersuchungen der Parameter im Zulauf ermittelt werden konnten.

Auch der Probenehmer am Ablauf musste wegen Altersschwäche nach mangelnder Wartung vor zwei Jahren ausgetauscht werden. Um solchen Zuständen entgegen zu wirken, wurden zwischenzeitlich sachkundige Firmen mit Wartungsverträgen beauftragt. Die Firmen führen die jährlich vorgeschriebenen

Prüfungen der Elektrotechnik, Pumpen und Rechenanlage durch. Auf vielen anderen Anlagen in der Nähe werden die in Bezug auf Arbeitsschutz notwendigen Prüfungen gar nicht oder nur teilweise durchgeführt. Die Rechenanlage soll ab nächstem Jahr selber gewartet werden.

 

Labortechnische Ausstattung

 

Dank der Beharrlichkeit meines Vorgängers Matthias Anlauf beschaffte die Gemeinde erstmalig die komplette labortechnische Ausrüstung zur Durchführung der Eigenüberwachungsvorschriften.

 

Man muss auch sagen, dass der Aufwand für Untersuchungen im Labor höher ist als auf anderen Anlagen. Dies ist der hohen Belastung und ständig wechselnden Zusammensetzung des Abwassers durch spezielle Reckendorfer Großeinleiter geschuldet.

 

In Bezug auf die Brauerei wurde bisher relativ viel Zeit benötigt, um Ursachen zu erkennen und zu beseitigen. Dies beinhaltet überdurchschnittliche Beprobung der Parameter auf der Kläranlage sowie der von der Brauerei. Es ist uns durch gute Zusammenarbeit mit der Brauerei gelungen, große Vorschritte zu erzielen und zukünftig weniger Zeit für Analysen und Problembeseitigung bereitstellen zu müssen. Es wurde auch neue Messtechnik bei der Brauerei verbaut um genauer die Kosten für das hochbelastete Abwasser zu ermitteln.

 

Arbeiten am Pumpwerk

 

Auch die Pumpen im Hebewerk auf dem Gelände der alten Kläranlage wurden vor zwei Jahren erneuert. Bei den alten Pumpen waren die Verschleißgrenzen des Pumpengehäuse und Laufrades erreicht. Das machte sich durch austretendes Abwasser und einen hohen Wartungsaufwand durch Verzopfungen und Verstopfungen bemerkbar. Die Verzopfungen am Laufrad mussten zwei bis vier Mal in der Woche beseitigt werden, um einen einigermaßen guten Wirkungsgrad der Pumpen zu gewährleisten. Die neu verbauten Pumpen haben einen sehr hohen Wirkungsgrad und müssen nur noch einmal im Jahr gewartet werden. Es liegen keine Verzopfungen mehr vor und der Wartungsaufwand geht gegen Null. Leider mussten auch in den Schaltschränken des Pumpwerkes viele Bauteile ersetzt werden, ebenso wurde die Regeltechnik neu programmiert, da es zu vielen Störungen kam. Dasselbe gilt für die Schaltschränke und Regeltechnik der Hochwasserpumpen.

 

Zum Abschluss bleibt zu sagen, dass die Abwasserbehandlung in der Gemeinde Reckendorf in Bezug auf die Ausbaugröße komplexer und zeitaufwendiger ist als auf vergleichbaren Kläranlagen. Durch einen zu geringen Wartungsaufwand und fehlerhaften Betrieb der damaligen Betreiber musste ebenfalls viel Zeit und Geld investiert werden, um den einwandfreien technischen Zustand der Anlagen wiederherzustellen. Der Großteil der in den vergangenen Jahren notwendigen Investitionen ist auf mangelnde Wartung und Pflege der Anlage in ihren ersten Jahren zurückzuführen. Ebenso entstand dadurch übermäßig hoher Energieverbrauch. Wichtig ist auch zu erwähnen, dass sich durch einen störungsfreien Betrieb der Anlage die Überstunden des Personals in Rahmen halten. Das Personal auf anderen Kläranlagen hat mehrere Hundert Überstunden angesammelt. Der Personalbedarf ist dort also nicht gedeckt, laut dem Merkblatt M 271 der DWA (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.) ist für die Ausbaugröße der Kläranlage Reckendorf eine Person in Vollzeit zu beschäftigen.

 

Die im Bericht erklärten Reparaturen und Neuanschaffungen sind eine Aufzählung der größten und zeitintensivsten Arbeiten. Für eine detailliertere Erklärung bitte ich Sie, persönlich mit mir in Kontakt aufzunehmen.

 

Benjamin Zschörner

Fachkraft für Abwassertechnik“