Zu diesem Tagesordnungspunkt begrüßte Erster Bürgermeister Deinlein den Referatsleiter der städtebaulichen Denkmalpflege Herrn Dr. Thomas Gunzelmann und bedankte sich bei ihm, dass er sich die Zeit genommen hat, das Kommunale Denkmalkonzept der Gemeinde Reckendorf zu begleiten und heute persönlich zu erscheinen. Er erteilte ihm das Wort.

Dr. Gunzelmann erklärte, dass 2018 die Gemeinde Reckendorf eine der ersten Gemeinden in Bayern war, die sich für die Durchführung des Kommunalen Denkmalkonzeptes entschieden hat, das in 3 Modulen durchgeführt wird. Hierzu hat Frau Reichert bei einem Ortsrundgang umfassend informiert. Dies könne evtl. wiederholt werden, da pandemiebedingt nur 15 Personen zugelassen waren. Modul 1 umfasse die Bestandserfassung und Bewertung, Modul 2 die Planung, Probleme und Möglichkeiten, Modul 3 Problemfälle aber auch Chancen für den Ortskern. Dies habe sich wegen der Pandemie etwas verzögert, aber auch aufgrund des Ausräumzustands des Stolbinger Anwesens. Der Zustand des Tragwerks muss intensiv geprüft werden, davon hängt die Machbarkeit und auch die Nutzbarkeit ab.

Dr. Gunzelmann sei daher auch gespannt auf den folgenden Bericht.

 

Erster Bürgermeister Deinlein begrüßte nun Herrn Giersch vom Büro Conn & Giersch. Herr Giersch erklärte die im April der Öffentlichkeit gezeigte Präsentation. Im Luftbild veranschaulichte er die einzelnen Gebäudeteile, wobei das älteste wohl aus dem 16. Jahrhundert stamme. Grundlage zur Schadensdiagnose seien auch die Grundrisse und die umfangreiche Fotodokumentation gewesen. Alle Nutzungsideen dienten auch als Basis für Frau Ballenberger, die die Statik untersucht hat und im Folgenden die Ergebnisse vorstellte.

 

Frau Balmberger erklärte, dass das Tragwerksgutachten nicht fertig sei. Sie sei derzeit bei 117 Seiten, war 2 komplette Tage vor Ort zum Erfassen und das Gutachten sei noch nicht fertig geschrieben. Sie zeigte anhand einer Präsentation die Ergebnisse der Untersuchungen. Diese Präsentation ist der Niederschrift als Anlage beigefügt.

 

Die Gebäude sind in A bis F eingeteilt. Sie zeige jetzt nur die Hauptschäden und die Prioritäten beim Handlungsbedarf, wo in spätestens 2 Jahren saniert werden sollte, um die Tragfähigkeit nicht zu gefährden.

 

Grün bezeichnet die Neubauteile, Gelb = keine Schädigungen, Orange = Handlungsbedarf, Rot = komplett geschädigt.

 

Gebäude A:

Beim Dachstuhl sind Kopfbänder und Windverbände teilweise entfernt worden. Stoßverbindungen sind abgeknickt, grün markierte Dachbalken sind neu, aber nicht denkmalgerecht und zu dünn. Im EG sind die Ziegelsteine porös. Ein Holzsachverständiger sollte hinzugezogen werden, ob der tierische Schädlingsbefall noch aktiv ist.

 

Kurzfristig tätig werden muss man im Keller: der Stahlträger ist komplett aufgesprungen, siehe Bild. Hier solle man Notabstützen aufstellen. Die Kosten für die Sanierung seien noch nicht errechnet und hängen von der Nutzung ab.

Im Keller sind Wand und Gewölbe durchfeuchtet. Im OG ist alles verkleidet und daher wenig einsehbar. Insgesamt sind Schäden vorhanden, aber bis auf den Stahlträger nichts akut gefährdet.

 

Gebäude B: Tanzsaal

Das Dach über der Tonne ist nicht betretbar, es gibt keine Aufgänge, daher kann keine Aussage zum Zustand getroffen werden. Die Ziegel an der Giebelfassade sind sehr bröselig. Es gibt auch im Dachstuhl Fraßspuren tierischen Befalls. Hier ist ebenfalls eine Prüfung durch einen Holzsachverständigen erforderlich.

Die Tonne unter dem Dach kam wohl später hinzu, sie gehe davon aus, dass darunter der ursprüngliche Zustand wohl verändert wurde. Der horizontale Druck kann nicht komplett abgeleitet werden (siehe Außenbild Dachseite). Es war wohl ein Kehlbalkendach mit liegenden Bindern.

Im Keller sind bereits Abstützungen eingebaut. Die Dachhaut ist undicht, deswegen ist die Handlungspriorität höher.

 

Gebäude C, Nebengebäude:

Im Dach ist eine relativ gute Substanz vorhanden, wenig Schäden, nur an der schadenstypischen Seite beim Übergang zum anderen Dach sind Undichtigkeiten, die beseitigt werden müssen. Der Giebel zum Nachbargebäude ist an der Ecke komplett zerstört, hier sollte zeitnah reagiert werden, sonst droht die Seite abzustürzen. Sie waren bei der Nachbarin und rieten ihr, OSB Platten auf das Dach zu legen, um Schäden zu minimieren. Bei fast allen Gebäuden wurde eine Sanierung irgendwann begonnen, aber nicht zu Ende geführt.

 

Unklar ist, wie sich die Verdrehung der Fußpfette ergeben konnte. Eigentlich hätte sich der First auch setzen müssen, was jedoch nicht der Fall ist.

Über dem EG / ehemaliger Stall, hat der Stahlträger eine Volumenvergrößerung und ist komplett aufgesprengt. Alle Stahlträger sind von Korrosion betroffen, zum Nachbarn ist der Sockelbereich komplett durchfeuchtet.

 

Von der Priorität her sollte in den nächsten 2 Jahren gehandelt werden, besonders beim Giebel, Stahlträger und am Sockel.

Das Fachwerk am Giebel zum Innenhof hin ist wohl im Kern geschädigt, evtl. ist eine Kernbohrung erforderlich, um den Zustand zu ermitteln.

 

Gebäude D:

Es sind wenig Schäden vorhanden, der Dachstuhl in Ordnung. Im OG haben die Stahlträger Korrosion. Die mit Rot gekennzeichneten haben bereits Querschnittsverlust.

Es ist ein 2-schaliges Mauerwerk vorhanden mit extremen Lasten an nur 2 Punkten. Es droht Knickgefahr. Ein komplettes Mauerwerk wäre besser. Im vorderen Kellerraum wurde mit Ziegelabbruch zugeschüttet. Insgesamt herrsche keine akute Gefahr bezüglich der Priorität.

 

Gebäude E:

Das Gebäude ist akut einsturzgefährdet, weswegen eine Absperrung zusammen mit dem Bauhofmitarbeiter erfolgte. Das komplette Dachsystem wurde verändert, es gibt extrem viele Undichtigkeiten und große Schäden. Der Sockelbereich zum Nachbarn hin ist durchfeuchtet. Hier gibt es höhere Priorität mit Handlungsbedarf.

 

Gebäude F, ehemaliges Sudhaus:

Es ist eingestürzt mit extrem vielen Substanzschäden. Das Wasser vom Nachbarschuppen kommt direkt an die Fassade heran. Aufgefallen ist ihnen, dass sie neue Ausmauerung komplett gerissen ist und die Stoßfugen durchgerissen. Das Ziegelmauerwerk am Kamin ist porös. Es sind noch mehr Schäden vorhanden, dies sin die Hauptschäden. Der First ist offen.

 

Herr Giersch ergänzte, dass weiterer Wassereintritt unbedingt vermieden werden sollte. Außerdem sei ein Abstützen als Notsicherung erforderlich. Durch eine gute Gitterfolie und sturmfeste Befestigung ab dem Herbst könnten weitere Schäden verhindert werden. Dies sei Thema des Unterhalts.

 

Auf die Frage, ob man jetzt schon sagen könne, ob ein Erhalt möglich sei, erklärte Frau Balmberger, dass im Gebäude C der Erhalt möglich sei, aber es kaum Ebenen gibt, was die Nutzung schwerer macht. In D ebenfalls, aber der Aufwand sei groß, um es nutzbar zu machen. Erhalt und Umbau müssen der Nutzung dienen.

 

Herr Dr. Gunzelmann ergänzte, dass der Zustand, das Nutzungskonzept und der Denkmalwert zu berücksichtige sind. Das Denkmalamt würde evtl. auf einen Teil verzichten, jedoch müsse der Gesamtzusammenhang betrachtet werden. Die Notsicherung koste auch Geld.

 

Erster Bürgermeister Deinlein fasste zusammen, dass erst ein Nutzungskonzept erstellt werden solle, und fragte, ob Notsicherung auch bedeuten würde, die Stahlträger historisch wieder herzustellen.

Dr. Gunzelmann erklärte, die vorhandenen Stahlträger stammen aus der Zeit um 1900, denn ursprünglich war der Komplex kleiner. Erst um 1900 erfolgten der Umbau und die Erweiterung.

 

Auf den Einwand von Gemeinderat Müller, dass er meine 60% der Gebäude seien Schrott und dies ein Fass ohne Boden sei, erklärte Erster Bürgermeister Deinlein, dass es klar ist, dass das Gebäude alt und nicht oder falsch gepflegt wurde. Die Frage sei, was man mit dem einst so stolzen Gebäude machen solle. Auch sei der Kamin für das Storchenpaar, auf das das Gremium als Wahrzeichen der Gemeinde so stolz sei. Der Kamin ist ein nach außen sichtbares Zeichen, das den Ort ausmache. Deswegen habe die Gemeinde auch die Verpflichtung, Ortsbildprägendes zu erhalten. Das Brückenrathaus in Bamberg ist im Unterhalt sicher auch sehr hoch.

 

Herr Dr. Gunzelmann erklärte, dass Stahlträger schnell und günstig ausgetauscht werden können, da sie nur lokal aufgesprungen waren. Anders als z.B. bei einem preußischen Kappengewölbe, was man komplett austauschen müsste. Die Denkmalpflege wird nicht darauf bestehen, alles komplett zu erhalten, wie z.B. eine bröselige Fachwerkwand. Vielmehr tasten wir uns heran, was die Wertigkeit für ein Denkmal ausmache. Das Sudhaus ist z.B. auch interessant, auch wenn es wohl oft umgebaut wurde.

 

Herr Giersch ergänzte, dass erhebliche Teile der historischen Substanz gut und rettbar seien. Die Neueinbauten sind schlecht. Gerade der Gasthof böte Freiheit für eine Neueinteilung.

 

Bei allem, was komplett zerstört ist, könne man frei agieren. Eine Nutzungsfindung ist wichtig, um zu entscheiden, was saniert oder entfernt werden kann. Erst müsse sichergestellt werden, dass nichts einstürzen könne oder weitere Schäden bei noch guten Teilen entstünden.

 

Auf die Frage, ob in der Scheune Mietwohnungen entstehen könnten, erklärte Herr Giersch, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, wenn klar ist, welche Nutzung gewollt ist. Es muss jedoch immer wirtschaftlich schulterbar sein. Ein Haus im Haus sei in der Scheune denkbar.

 

Frau Ballenberger erklärte, dass bei Gebäude C die Hölzer gut sind, aber kleinere Sparren eingebaut wurden, die man wohl anders aufbauen muss.

Herr Giersch ergänzte, dass es auch wertvolle historische Dachkonstruktion gibt.

 

Auf die Frage, ob die Sanierung in verschiedene Bauabschnitte aufgeteilt werden könne, erklärte Erster Bürgermeister Deinlein, dass erst ein Nutzungskonzept gebraucht werde. Deswegen sollen analog und digital Ideen und Vorschläge gesammelt werden. Über die Homepage sollen Vorschläge eingereicht werden können und auch in den Briefkasten am Rathaus Reckendorf eingeworfen werden. In der 2. Julihälfte soll in der Synagoge ein Workshop dazu stattfinden – schön wäre mit Dr. Gunzelmann und Herrn Schmitt von der Denkmalpflege als Referenten.

 

Dr. Gunzelmann erklärte, bei Wohnungen gäbe es eine etwas niedrigere Förderung. Die Architekten müssten die konkrete Nutzung in die Planung einbeziehen. Der Holzsachverständige könne übrigens als Nachtrag auch gefördert werden. Hierzu sollen Angebote eingeholt werden!

 

Gemeinderat Pförtsch sagte, dass es auf alten Postkarten im Innenhof von Ost nach West ein Türmchen gab. Vor ca. 10 Jahren wurde es entfernt. Es wäre schön, wenn man es rekonstruieren könnte.

Herr Giersch sagte, sie werden dies bei den Planungen berücksichtigen.

 

Erster Bürgermeister Deinlein bedankte sich bei allen anwesenden Referenten und verabschiedete sie um 19.05 Uhr.