Die Mitglieder des Gemeinderates Reckendorf haben den folgenden Sachverhalt mit der Sitzungsladung in Kopie erhalten:

 

„In der Sitzung des Gemeinderates vom 12. Oktober 2022 wurde keine Entscheidung über eine Abberufung des Heimatpflegers getroffen, stattdessen wurde die Verwaltung beauftragt, die Bedingungen des Heimatpflegers aus seinem Schreiben vom 12. Oktober 2022 (dieser Vorlage als Anlage beigefügt) auf rechtliche Umsetzung hin zu überprüfen.

 

Durch das genannte Schreiben ergeben sich vor allem kommunalverfassungsrechtliche Fragen, die nachfolgend geklärt werden sollen.

Die Gemeinde wird gemäß Art. 29 GO durch den Gemeinderat verwaltet, soweit nicht der Erste Bürgermeister zuständig ist. Somit kann es nur ein zuständiges Organ geben, entweder der Gemeinderat oder der Erste Bürgermeister. Die Zuständigkeiten sind im Gesetz abschließend geregelt. Der Erste Bürgermeister erledigt unter anderem gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO in eigener Zuständigkeit „die laufenden Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen“. Darüber hinaus vertritt der Erste Bürgermeister gemäß Art. 38 GO die Gemeinde nach außen. Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen grundsätzlich der Unterschrift des Ersten Bürgermeisters.

Zwar kann der Gemeinderat dem Ersten Bürgermeister für Angelegenheiten der laufenden Verwaltung Richtlinien aufstellen (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 GO), diese Richtlinien dürfen aber die gesetzlichen Zuständigkeitsverteilungen nicht ändern, also weder einschränken noch erweitern. Vielmehr sind sie dazu da, die Abgrenzung der Zuständigkeiten klarzustellen. Dies wird beispielsweise in der Geschäftsordnung bei den Wertgrenzen, für die der Erste Bürgermeister bei Rechtsgeschäften zuständig ist, aufgestellt.

 

Hierzu kann der Kommentar „Kommunalrecht in Bayern“ (Prandl-Zimmermann-Büchner-Pahlke) herangezogen werden:

 

„Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen dem Ersten Bürgermeister und Gemeinderat ist zwingend. Sowohl der Gemeinderat als auch der Erste Bürgermeister sind daher an die Zuständigkeitsregelungen in Art. 37 Abs. 1 Satz 1 GO gebunden und können diese weder erweiternd noch einschränkend auslegen. Diese Zuständigkeitsregelung kann daher auch durch die Geschäftsordnung des Gemeinderates nicht geändert werden […]“ (Rnd.-Nr. 2 zu Art. 37 GO).

 

Die Forderungen des Heimatpflegers sind daher jeweils unter dem Aspekt der Zuständigkeit zu prüfen. Zwar kann der Erste Bürgermeister Aufgaben, die in seine Zuständigkeit fallen, den weiteren Bürgermeistern, einzelnen Gemeinderatsmitgliedern oder Gemeindebediensteten übertragen (Art. 39 Abs. 2 GO), dies liegt aber alleine im Rahmen seines Ermessens. Der Gemeinderat kann ihm hier, wie oben ausgeführt, keine Vorgaben machen.

Die weiteren Bürgermeister vertreten darüber hinaus den Ersten Bürgermeister im Falle der Verhinderung. Diese Verhinderungsstellvertretung bedeutet, dass eine Vertretung nur im Verhinderungsfalle des Ersten Bürgermeisters eintritt. Liegt keine Verhinderung vor, haben die weiteren Bürgermeister keine besondere Stellung im Vergleich zu den weiteren Gemeinderatsmitgliedern (es sei denn, der Erste Bürgermeister überträgt Ihnen einzelne seiner Aufgaben). Die Verhinderung des Ersten Bürgermeisters ist in § 16 Abs. 4 der Geschäftsordnung definiert:

 

„Ein Fall der Verhinderung liegt vor, wenn die zu vertretende Person aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen, insbesondere wegen Abwesenheit, Urlaub, Krankheit, vorläufiger Dienstenthebung oder persönlicher Beteiligung nicht in der Lage ist, ihr Amt auszuüben. Ist die zu vertretende Person bei Abwesenheit gleichwohl dazu in der Lage, die Amtsgeschäfte auszuüben und bei Bedarf wieder rechtzeitig vor Ort zu sein, liegt ein Fall der Verhinderung nicht vor.“

 

Zu den im Schreiben des Heimatpflegers vom 12. Oktober 2022 genannten Punkten wird nun jeweils, wo nötig, separat Stellung genommen:

 

  1. Von einer monatlichen Zahlung wird Abstand genommen.
  2. Dem Heimatpfleger stehen zur Abrechnung, wie von den Jahren 2014 an die Kostenstellen 0.3400.5620 und 0.34400.6580 in alter Höhe zur Verfügung. Eine nicht Überziehung der Kostenstellen wir zugesichert.

 

Der Haushalt wird vom Gemeinderat aufgestellt. Dabei kommen die Planungen des Gemeinderates, wie sich die gemeindlichen Ausgaben verteilen sollen, zum Ausdruck. Allein aufgrund eines Haushaltsansatzes ergibt sich kein Rechtsanspruch auf Verwendung oder Auszahlung der vorgesehenen Mittel. Einerseits kann es dazu kommen, dass der geplante Ansatz nicht vollständig verwendet wird, andererseits sind aber auch überplanmäßige Ausgaben möglich. Die Bewirtschaftung der Haushaltsmittel obliegt dem Ersten Bürgermeister. Entweder liegt dies in seiner eigenen Zuständigkeit (s.o.), bei Zuständigkeit des Gemeinderates ist er für den Vollzug des Beschlusses zuständig (Art. 36 GO).

 

  1. Abgerechnet werden: Weiterbildungsmaßnahmen, Kursgebühren, Übernachtung, Fahrtkosten, Spesen.
  2. Über Besuche von Veranstaltungen usw. entscheidet der Heimatpfleger.

 

Die Vertretung der Gemeinde nach außen obliegt dem Ersten Bürgermeister (s.o.). Wenn der Heimatpfleger Veranstaltungen im Namen der Gemeinde besucht und sie insofern vertritt, handelt er in dem Moment für den Ersten Bürgermeister. Er ist dabei an seine Weisungen gebunden. Der Erste Bürgermeister kann dem Wunsch des Heimatpflegers folgen, muss es aber nicht.

 

  1. Meldung über die Teilnahme erfolgt an den 2 bzw. 3. Bürgermeister zur Kenntnis.

 

Wie oben ausgeführt, vertreten die weiteren Bürgermeister den Ersten Bürgermeister nur im Verhinderungsfalle, sofern der Erste Bürgermeister ihnen diese Aufgabe nicht übertragen hat. 

 

  1. Rückgabe der Schlüssel für Synagoge, Genisa Ausstellung und Judenfriedhof an den Heimatpfleger.

 

Nach Ansicht der Verwaltung handelt es sich dabei um eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung, für die der Erste Bürgermeister zuständig ist. Die Rechtsaufsicht am Landratsamt übersandte auf Anfrage hin beigefügte Stellungnahme, in der die Auffassung der Verwaltung geteilt wird, dass es sich dabei um eine laufende Angelegenheit handle, die in die Zuständigkeit des Ersten Bürgermeisters falle. Wie der Stellungnahme entnommen werden kann, bestehe ein uneingeschränktes Zutrittsrecht nicht. Es sei einem Heimatpfleger zuzumuten, den Schlüssel bei Bedarf beim Ersten Bürgermeister oder einer beauftragten Person abzuholen und wieder zurückzugeben.

 

  1. Selbstverständlich ist die Rechnung über 313,85 € vom (22.09.2021 – 24.09.2021) noch auszuzahlen.
  2. Nur unter diesen Punkten kann eine Arbeit der Heimatpflege unabhängig, und nach der Bayerischen GO Art. 20a erfolgen.

 

Bei einem Heimatpfleger handelt es sich um ein kommunales Ehrenamt. Ein solches Ehrenamt stellt kein weiteres Organ der Gemeinde dar, das unabhängig vom Gemeinderat oder dem Ersten Bürgermeister agieren kann. Vielmehr handelt ein Ehrenamt jeweils im Namen des Ersten Bürgermeisters. Entweder, weil dieser selbst zuständig ist, oder weil er bei Zuständigkeit des Gemeinderates für den Vollzug des Beschlusses zuständig ist. Das Ehrenamt ist insoweit auch an die Weisungen bzw. Richtlinien des Ersten Bürgermeisters gebunden. Eine völlige Loslösung des Amtes, das parallel zum Ersten Bürgermeister frei agieren kann, sieht das Gesetz nicht vor und ist daher nicht möglich.

 

Zusammenfassend können die Forderungen des Heimatpflegers nach Ansicht der Verwaltung nicht durch Beschluss des Gemeinderates erfüllt werden, da diese in der Zuständigkeit des Ersten Bürgermeisters liegen. Der Erste Bürgermeister könnte den Forderungen entsprechen, der Gemeinderat kann ihm hier aber keine Vorgaben machen.

 

Darüber hinaus wird auf die Beschlussvorlage zur Sitzung vom 12. Oktober 2022 verwiesen.“

 

Ergänzend teilt der Vorsitzende Manfred Deinlein mit:

 

In einem unter anderem Bürgermeister und Gemeinderäten zugespieltem Text erklärt Herr Etterer, er legt

„das Amt des „ehrenamtlicher Heimatpflegers“ mit sofortiger Wirkung nieder.“

 

Erster Bürgermeister Manfred Deinlein schlägt daher vor, diese Amtsniederlegung zur Kenntnis zu nehmen.

Zugleich bedank er sich bei Herrn Etterer für die Besetzung des Amtes als Heimatpfleger seit 2014. Bis zur Pandemie hat er in dieser Zeit jedes Jahr viel Zeit investiert um an Fortbildungen und Empfängen teilzunehmen, zuletzt sogar einmal auf eigene Kosten.

 

Heimatpflege ist aber nicht an Titel gebunden. Erster Bürgermeister Manfred Deinlein würde sich daher freuen, wenn Herr Etterer sein erworbenes Wissen zukünftig der Gemeinde auch ohne Titel zur Verfügung stellt, und freue sich aber auch über jede und jeden anderen, der unsere Heimat pflegt.

 

Dritter Bürgermeister Ludwig Blum und Gemeinderatsmitglied Bernhard Zahner regen an, dass Herr Etterer die Kosten, die der Gemeinderat abgelehnt hat, noch erstattet bekommen soll.


Beschluss:          14 : 0

 

Der Gemeinderat nimmt zur Kenntnis, dass der aktuelle Heimatpfleger sein Amt niedergelegt hat.